[Interview] Rena Fischer

Ich habe bereits vor einem Monat ein Interview mit Rena Fischer der Autorin von Chosen – Die Bestimmte und Chosen – Das Erwachen geführt. Zu dem Zeitpunkt hatte ich erst ein anderes Interview gepostet und dieses wollte ich dann ein paar Tage hier hochladen.

Wie ihr alle mich kennt, habe ich es leider verpeilt, unter Anderem, weil ich dann so viel Stress hatte mit Schule und Arbeit und so. Aber jetzt kommt dieses Interview mit Rena Fischer endlich online!


Medea: Hallo Rena. Schön, dass das Interview geklappt hat. Es ist mir eine Ehre, dich interviewen zu dürfen, wo du doch zwei so tolle Bücher geschrieben hast.

Rena Fischer: – Dankeschön 🙂 Ich freue mich, dass die Chosen-Reihe dir so gut gefallen hat.

Erzähl doch erst mal was über dich.

– Ich bin in München geboren und aufgewachsen. Lesen wurde schon früh meine große Leidenschaft. Die ersten Bücher, an die ich mich aus meiner Kindheit erinnere, waren „Die Raupe Nimmersatt“, „Kiki, das Küken“ und „Das kleine Ich bin Ich“ von Mira Lobe. Die Stadtbücherei war nur ein paar Minuten mit dem Rad von daheim entfernt und auch zur nächsten Buchhandlung gelangte ich in nur zehn Minuten. Ein Schlüsselerlebnis war für mich zu Beginn des Gymnasiums die Entdeckung der „Unendlichen Geschichte“ von Michael Ende. Sie hat mich erstmalig in das Genre Fantasy entführt, dem ich heute noch verfallen bin.

Mit dem Schreiben habe ich etwa mit 11 Jahren begonnen. Damals waren diese chinesischen Tagebücher mit Seideneinband und Illustrationen wie Drachen, Segelboote, etc. in Mode. Ich habe sie mit eigenen Geschichten, Erlebnissen oder Fanfiction gefüllt und mit allem Möglichen (Fotoschnipsel, gepresste Blumen, etc.) zu Scrapbooks angereichert. Auf die Idee, das Schreiben zu meinem Beruf zu machen, bin ich aber erst viel später gekommen. Schreiben war lange Zeit für mich etwas Privates, Persönliches, die „geheime Insel“ auf die ich mich zurückgezogen habe, um meine Fantasie freizulassen.

Nach Abitur und Wirtschaftsstudium zog es mich beruflich und privat häufig nach Irland bis ich mit meinem Mann und unserer kleinen Tochter eine Zeit lang im warmen Spanien lebte. Nach der Geburt meiner Zwillingssöhne beschloss ich, die Arbeit in meinem Brotberuf zu reduzieren, bis ich sie ganz an den Nagel hängte, um mich wieder dem zu widmen, woran mein Herz hängt: dem Schreiben.

Und wie kommst du auf deine Ideen? Weil zumindest ich finde, dass Chosen schon anders ist, als die meisten Urban Fantasy Bücher…

– Ich war schon immer fasziniert von Menschen mit besonderen Fähigkeiten, die gibt es schließlich auch in der realen Welt, z.B. Synästhetiker oder Menschen mit Inselbegabungen. Wie kommt man mit so einer Begabung zurecht? Emma empfindet ihre Gabe in der Kindheit eher als Last. Sie kommt schwer damit klar, wird von anderen als „behindert“ beschimpft. Ihre Mutter engt sie in ihrer panischen Angst viel zu sehr ein.

Wer könnte ein Interesse daran haben, ihre Fähigkeiten für seine eigenen Zwecke auszubeuten? Diese Überlegungen haben mich zu dem Thema Individualität, Manipulation und Machtmissbrauch geführt. Wieviel ist man bereit, von sich selbst, von dem, wofür man steht, aufzugeben, um einer gefragten Gruppe anzugehören oder einer besonders charismatischen Persönlichkeit zu gefallen? Wo endet das „Ich“, beginnt das Imitieren von anderen, um beliebt zu sein?

Das Ende von Chosen 1 hat mich dann zu weiteren Aspekten geführt: Wie geht man mit Schuld um? Kann die Vergangenheit Taten in der Gegenwart rechtfertigen? Rache oder Vergebung – Menschen haben unterschiedliche Auffassungen von einem „Neuanfang“.

Mir ist bewusst, dass Chosen sehr schwierige Themen aufgreift, aber ich traue sie meinen Lesern zu und gehöre nicht zu den Autoren, die Jugendliche in rosa Watte packen. Ich will sie zum Denken anregen über das eigene Leben, die eigene Individualität, Wünsche und Hoffnungen. Das Leben besteht eben nicht nur aus schwarz und weiß, sondern hat viele Schattierungen. Emma wird im Laufe der Romanreihe wie ein Spielball zwischen den Clans der Raben und der Falken hin- und hergeworfen und muss erkennen, dass es unmöglich ist, eine einfache Einteilung in „Gut“ und „Böse“ vorzunehmen. Sie muss ihren eigenen Weg gehen. Das wünsche ich auch meinen Lesern: Glaubt an das Besondere in euch und verlasst die ausgetretenen Pfade.

Du hast ja bisher erst die beiden Bände von Chosen veröffentlicht. Naja, was heißt erst? Das ist schon eine große Leistung, finde ich. Aber worauf ich hinaus will, ist, ob du vorhast, noch weitere Bücher herauszubringen?

– *Lach* Natürlich. Ich arbeite zurzeit an zwei Projekten:

Mein nächster Roman im Fantasy-Jugendbuchbereich wird in einer düsteren Zukunft spielen. Hauptfigur ist die siebzehnjährige Luz, deren Leben bei ihrem ersten Date eine dramatische Wendung nimmt 😉 Das Setting wird San Francisco sein, eine Stadt, die ich vor vielen Jahren besucht habe. Ich lasse euch mal in ein paar Zeilen hineinschnuppern:

„Hunderte von Teelichtern säumten die Stufen vor dem Schuleingang. Sie flackerten wie Toplichter auf den Masten schwankender Segelschiffe in einem Meer aus bunten Zetteln und Blüten, vor allem roter Rosen, Vanessas Lieblingsblumen, in deren scharlachfarbenen Fluten sich weiße Wellenspitzen von Lilien und Nelken brachen. Während Luz sich einen Weg zwischen ihnen bahnte und vorsichtig ihre Füße auf die kleinen Flecke steinernen Graus setzte, die hier und da trotzig zwischen dem Farbenrausch hervorlugten, erinnerte sie der süße Duft der Blüten und der des verbrennenden Wachses, an Kirchen, Aussegnungshallen und Tod. Zu vielen Beerdigungen hatte sie in ihrer Kindheit bereits beigewohnt. Sie schluckte den bitteren Geschmack in ihrem Mund hinunter und streifte mit ihrem Blick die handgeschriebenen Botschaften. 

„Ich werde euch immer vermissen!“, stand da.

Oder: „Wir lieben euch!“ 

Das würde sie bestimmt nicht. 

Und Luz fühlte sich kein bisschen schuldig dafür.“

Parallel zu meinem Jugendbuchprojekt arbeite ich an einem Thriller im New Adult Bereich. Hauptfigur ist der junge Student Elias, der sich mit einem übermächtigen Vater, einer verbotenen Liebe und einem selbst angestoßenen Spiel auseinandersetzen muss, über das er die Kontrolle verliert. Die Idee dazu bekam ich witzigerweise durch die Interviewfrage einer Leserin: „Was würdest du tun, wenn du nicht mehr schreiben könntest?“ Ich überlegte mir, was neben rein körperlichen Problemen, wie z.B. Erblinden zu Schwierigkeiten führen würde, was wohl passieren müsste, damit ein Mensch, der mit Leidenschaft schreibt, keinen einzigen Satz mehr zu Papier bringen könnte. Denn Elias sagt von sich selbst:

„Solange ich zurückdenken kann, hat die Dunkelheit der Nacht mich vor der unerbittlichen Kälte des Morgens geschützt. Bis heute hat sich das nicht geändert. Nachts streife ich die Rüstung meiner täglichen Windmühlenkämpfe von mir, entfessle die bereits schmerzenden Flügel meiner Gedanken und vergesse für ein paar Stunden, was es bedeutet, der Sohn von Konstantin Kramer zu sein. Dann gleitet mein Füller im gleichmäßigen Rhythmus auf eine ganz besondere Weise über das Papier. Und je mehr das strenge Weiß von dem geschwungenen Schwarz überlagert wird, desto stärker wächst dieses einzigartige Gefühl in mir. Als wäre es mir tatsächlich möglich, in einer Art inneren Einklang mit dieser grotesken Welt zu sein. Längst bin ich süchtig danach. Mit zweiundzwanzig gehen andere Studenten auf Partys, wechseln ihre Freundinnen, trinken oder kiffen. Meine dunklen Augenringe sind das Zeugnis einer ganz anderen Leidenschaft:

Dem Schreiben.“

Außerdem liegt in meiner Schublade noch ein überarbeitungsbereiter Entwurf einer schönen Kinderbuchgeschichte im High Fantasybereich, die ich für meine Söhne geschrieben hatte.

Es wird mir also schnell nicht langweilig werden.

Wie lange hast du eigentlich an Chosen geschrieben? Sowohl am 1., als auch am 2. Teil?

– Die Idee für Chosen kam mir Anfang 2014. Davor habe ich an anderen Projekten gearbeitet, aber Emma hat darauf bestanden, dass ich sie allen anderen vorziehe. Vor dem Sommerurlaub hatte ich den ersten Entwurf fertig. Nach etlichen Umarbeitungen zwang mich meine Tochter dann Anfang 2015, mit meinem Roman endlich an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich bin ihr sehr dankbar dafür, sonst würde ich wahrscheinlich immer noch daran feilen. An Chosen 2 habe ich im Anschluss an den ersten Band sofort weitergearbeitet.

Und mit welchem Charakter aus deinen Büchern kannst du dich am besten identifizieren? Wer ist dir am ähnlichsten?

– Ich liebe alle meine Charaktere. Bestimmt steckt in jedem von ihnen ein Stückchen von mir 😉

Was hält dein soziales Umfeld eigentlich von deiner Tätigkeit als Autorin? Stehen sie positiv oder negativ dazu?

– *Lach* Lange Zeit war das mein großes Geheimnis. Ich habe heimlich nachts geschrieben. Nur meinen Mann und meine Tochter hatte ich von Anfang an in meine Schreibleidenschaft eingeweiht. Ich musste doch selbst erst einmal herausfinden, ob ich es überhaupt schaffe, einen Roman zu schreiben, habe mich durch Ratgeber und Schreibprogramme gekämpft, geschrieben, verworfen und weitergemacht. Plötzlich sprudelten die Ideen und nachdem ich von Thienemann-Esslinger die Zusage für Chosen 1 erhalten hatte, teilte ich Verwandten und Bekannten mit, dass ich jetzt Autorin sei. Das war schon ein faszinierendes Gefühl, wie ein Sprung vom Zehnmeterbrett. Aber alle haben begeistert darauf reagiert.

Was brauchst du, um richtig ins Schreiben rein zu kommen? Also z.B. Musik, Kaffee…?

– Kaffee. Manchmal auch Schokolade 😀 Aber vor allem Ruhe. Mit Musik (instrumentaler Filmmusik) bringe ich mich eher vor dem Schreiben in Stimmung.

An welchen realen oder fiktiven Ort würdest du gerne mal reisen? Und warum?

– Die Nationalparks in den USA würde ich gerne einmal bereisen. Oder Kanada. Ich liebe die weite, ungezähmte Natur und fand auch die Highlands auf unserer Schottlandreise berauschend schön.

Jetzt habe ich noch eine persönliche Frage an dich und zwar: Was ist dein größter Traum? (Ist er schon in Erfüllung gegangen bzw. denkst du, er wird in Erfüllung gehen?)

– Ich setze mir lieber kurzfristige Ziele und halte nicht viel von „Luftschlössern“. Das nächste Projekt zu beenden, für meine Familie da zu sein, etc. Wer zu viel plant, verpasst oft die schönen Kleinigkeiten im Leben, die einem unerwartet in den Schoß fallen, weil er zu fixiert auf etwas anderes, vermeintlich „Größeres“ ist.

Noch eine letzte, aktuelle Frage. Kommst du zur FBM 2017? Ein signiertes Chosen wäre schon echt mega! 😍

– Ich werde am Wochenende auf der FBM sein. Wo man mich treffen kann, gebe ich noch bekannt, aber ihr könnt mich gerne auch auf den Gängen ansprechen, wenn ihr mich entdeckt und euer Buch signieren lassen möchtet 😉

Willst du noch irgendetwas loswerden? Meinen Bloglesern irgendwas sagen?

– Ich freue mich über jedes Feedback von euch. In meiner Leserunde zu Chosen – Die Bestimmte auf Lovelybooks haben wir wild diskutiert. Von der Vererbbarkeit der Gaben bis hin zu „Team Jared“ versus „Team Aidan“ 😀 Das hat Spaß gemacht und war – glaube ich – für beide Seiten interessant. Zu Chosen – Das Erwachen wird es Mitte September ebenfalls eine Leserunde auf LB geben. Wer möchte, kann sehr gerne teilnehmen.

Okay, das war dann die letzte Frage. Tschüss, Rena, mir hat das Interview echt Spaß gemacht, danke 🙂

– Danke auch dir für dein schönes Interview.

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